108 Brücke Rheinlicht
Sennwald CH, Ruggell LI
2025 - 4. Platz, Geladener Wettbewerb
Rheinlicht – Fuß- und Velobrücke Sennwald–Ruggell
Rheinlicht ist ein verbindendes Element im Rheintal, zwischen der Schweiz und Lichtenstein. Der Entwurf führt Technik, Landschaft und gesellschaftliches Miteinander in einem architektonischen Zeichen zusammen.
In bewusster Abgrenzung zur funktional-technischen Sprache der bestehenden Betonbalkenbrücken versteht sich Rheinlicht als figürliche Antwort auf die konstruierte Rheinlandschaft zwischen Dammwegen, Flusslauf und Alltagsnutzung.
Gestaltung mit Haltung
Die leicht gebogene Fahrbahn wird von einem Haupttragseil überspannt. Zwei V-förmig geneigte Stahlmasten auf den Dammkronen halten die Konstruktion – 123 Meter frei tragend, ohne Eingriffe ins Flussbett.
Die V-Stützen neigen sich leicht in Richtung der Berge und öffnen sich in diese Richtung. Asymmetrisch versetzte Tragseile folgen dem natürlichen Gefälle und tragen eine leichte Gussasphaltbahn.
Ein durchgehender, abgerundeter Handlauf und ein Netzgeländer aus Edelstahlseilen fassen die Fahrbahn und bieten hohe Transparenz. Diese folgt einer parabolischen Linie mit sanftem Quergefälle zur Wasserführung und für die Sicherheit.
Nachhaltig gedacht
Das Tragkonzept ermöglicht eine minimale Materialverwendung bei gleichzeitig hoher struktureller Leistung. Die Brücke ist leicht, elegant und genügsam – auch im Kostenvergleich zeigt sich: Sie ist die wirtschaftlichste Lösung unter den eingereichten Entwürfen des Wettbewerbes. Die Konstruktion folgt den Prinzipien der Schwemmholzresilienz und Hochwassersicherheit. Die Brücke steht auf tiefen Ortbetonpfählen innerhalb der Dammkörper. Das Flussbett bleibt unberührt – Kolkbildung, Rückstau und hydraulische Engpässe sind ausgeschlossen. Eine hohe Flexibilität des Flussbettes, auch für zukünftige Massnahmen für Renaturierungen in Bezug auf RHESI im Rheintal.
Die verwendeten Materialien – verzinkter Stahl, hochfester Beton, Gussasphalt und Edelstahlseile – sind wartungsarm, langlebig und recyclingfähig. Der modulare Aufbau ermöglicht den gezielten Austausch einzelner Elemente.
Sozialer Raum für alle
Inklusion ist integraler Bestandteil des Entwurfs: Rampen mit unter 6 % Neigung, ein durchgängiges taktiles Leitsystem und rollstuhlgerechte Übergänge auf beiden Seiten machen die Brücke barrierefrei zugänglich.
In der Mitte erweitert sich die Brücke zu einer leicht erhöhten Panorama-Zone – ein Ort zum Verweilen, Beobachten, Begegnen. Rheinlicht ist öffentlicher Raum mit Aufenthaltsqualität, nicht bloß eine Querung von A nach B.
Räumliche Identität und regionale Verantwortung
Rheinlicht tritt in Dialog mit dem Ort. Sie überspannt den Fluss als Teil einer kontinuierlichen Bewegung durch das Tal, ob zu Fuss oder mit dem Velo. Die Offenheit und Transparenz ist Wesenszug des „Dazwischens“, zwischen zwei Ländern, zwei Dämmen und zwei Orten.
Gleichzeitig übernimmt das Projekt Verantwortung: Lokale Betriebe und Handwerker werden eingebunden, Transportwege kurz gehalten, Wissen vor Ort gestärkt.
Ein zukunftsfähiger Brückentyp
In einer Zeit, in der Infrastrukturen oft unsichtbar, technokratisch oder rein zweckorientiert gebaut werden, steht Rheinlicht für eine andere Haltung:
demokratisch, inklusiv, haptisch erfahrbar, offen und freundlich.
Sie lädt ein, sich zu bewegen – nicht nur körperlich, sondern auch im Denken über Verbindung, Raum, Verantwortung und Landesgrenzen hinweg.
Team
LMP Lüchinger Meyer Partner AG
Winfried Schneider
DGJ Paysages sàrl GmbH